Parkplatzland Deutschland

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Gedanken zu einer Grafik, die uns ins Grübeln gebracht hat

Die Grafik zeigt unter anderem, dass maximal 10% der Fahrzeuge parallel auf unseren Straßen unterwegs sind, die restlichen 90% parken auch zu Spitzenzeiten. Selbst während der gefürchteten Rushhour parken 50% unserer PKWs zu Hause, also in privaten Garagen oder in unseren Wohngebieten am Straßenrand. (Hätten Sie letzeres gleich erkannt? Achten Sie auf die dunkelblaue Fläche im Hintergrund.) Wir haben intern viel über die Grafik diskutiert. Besonders evident ist vor allem eine Erkenntnis: So kann es nicht weitergehen. Für die Zukunft unserer Mobilität muss sich etwas ändern. Hier einige Gedanken dazu:

Gemeinsam nutzen und CO2 einsparen

Die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen spart sehr viel Geld und CO2. Mit der Einführung der batterieelektrischen Fahrzeuge gilt das noch mehr denn je: Die Autos verursachen bei der Produktion mehr CO2 als ein Verbrenner, fahren dann aber für den Rest ihres Lebens CO2-frei, sofern sie mit grünem Strom geladen werden. Aktuelle Zahlen von Tesla zeigen, dass die Batterie auch bei Laufleistungen von mehr als 350.000 km kaum an Kapazität verliert. Je weiter ein Elektroauto im Laufe seines Lebens fährt, desto weniger schlägt der CO2-Rucksack der Produktion zu Buche. Daher sollten wir Elektroautos so weit wie möglich fahren – und dabei hilft teilen.

Auch in Zukunft muss sichergestellt sein, dass immer dann ein Auto verfügbar ist, wenn eines benötigt wird. Nur mit dieser Sicherheit werden sich Nutzer auf Car Sharing und Co. einlassen. Doch schon eine Reduktion der deutschen Fahrzeugflotte um wenige Prozent wäre ein durchschlagender Erfolg, da jedes neue Auto zwischen fünf und zehn Tonnen CO2-Emissionen verursacht.

Lebenswerte Städte durch weniger stehenden Verkehr

Unsere Städte können durch weniger parkende Autos lebenswerter werden. Die Straßen müssten dann an vielen Stellen nicht mehr so breit sein, der frei werdende Raum kann von den Anwohnern anderweitig genutzt werden. Besonders prominent ist dieser Effekt in den Großstädten, in denen besonders wenig private Stellplätze existieren.

Parkende Autos als Energiespeicher

Die Energieversorgung in Deutschland wird durch den steigenden Anteil der regenerativen Energien instabiler. Elektroautos können zur Stabilität beitragen – vor allem wenn sie stehen und laden. Einerseits kann dabei die Ladeleistung flexibel gesteuert werden, andererseits könnte das Auto sogar Strom aus dem Akku bereitstellen und damit das Netz in den Spitzenzeiten stützen. Es gibt schon Überlegungen, die Besitzer der Fahrzeuge für das Bereitstellen der Akkus mit günstigem Strom zu belohnen – eine klassische Win-Win-Situation. Da die meisten PKWs zu Hause oder beim Arbeiten geparkt werden, müssen dort bidirektionale Lademöglichkeiten entstehen, die das Laden und Entladen der Fahrzeuge ermöglichen.

Autonom fahrende Fahrzeuge sinnvoll einsetzen

Auch wenn heute noch keine autonomen Fahrzeuge auf unseren Straßen unterwegs sind, sollten wir uns jetzt schon überlegen, wie ein sinnvoller Einsatz aussehen könnte. Zunächst einmal scheint die Idee verlockend zu sein: Ich fahre morgens mit dem Auto zur Arbeit und stelle es dort auf einem der Parkplätze ab. Während ich mich am Arbeitsplatz befinde, erledigt mein Auto Fahrten für andere Familienmitglieder, vielleicht sogar für Nachbarn. Den geschäftstüchtigeren unter uns stünde sogar die Möglichkeit offen, das Fahrzeug in dieser Zeit als Taxi fahren zu lassen. Das Szenario erscheint zunächst wünschenswert, Familien in ländlichen Gebieten könnten wieder mit einem Auto auskommen und viele Parkplätze rund um unsere Arbeitsplätze könnten eingespart werden. Außerdem würden die Autos besser ausgelastet werden.

Andererseits sollten wir uns vor Augen führen, dass dieses Szenario zu deutlich mehr Verkehr führen wird. Auf die heutige Rushhour würde eine zweite Welle der Mobilität folgen, bei der die autonomen Autos sich auf den Rückweg machen, um die Kinder in die Schule oder den Partner zur Arbeitsstelle zu bringen. Die Autos stünden tagsüber also nicht mehr auf dem Parkplatz, sondern auf der Straße im mehr oder weniger fließenden Verkehr – ein wenig attraktives Szenario.

Erst die richtige Kombination aus öffentlichen Verkehrsmitteln mit großer Transportkapazität (Bahn, S-Bahn, U-Bahn) und autonomen Bussen und Kleinbussen in guter Verfügbarkeit für die letzte Meile werden uns aus dem heutigen Verkehrschaos herausführen. Wir brauchen an dieser Stelle eine mutige Politik, die mit der Einführung von autonomen Fahrzeugen die richtigen Weichen stellt. Es gibt, speziell auf dem Land, gute Gründe für die Einführung von autonomen Fahrzeugen – wenn wir die Regeln dafür richtig setzen.

Und was kann man sofort tun?

Für Unternehmen lohnt sich ein Blick auf den Fuhrpark und das Mobilitätsverhalten ihrer Angestellten: Häufig lassen sich durch eine Abkehr vom klassischen Dienstwagenmodell, durch innovative Mobilitätsformen (z.B. Mobilitätsbudget) und andere Maßnahmen Fahrzeuge, Kosten und CO2 einsparen, während die Mitarbeiter von den Maßnahmen profitieren. Sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf Ihre E-Mail.

Quelle der Grafik: http://www.mobilitaet-in-deutschland.de/pdf/MiD2017_Ergebnisbericht.pdf

Johannes Waltenberger


Johannes Waltenberger verstärkt seit 2020 das PROJECT CLIMATE Team tatkräftig mit seiner langjährigen Erfahrung im Bereich klimafreundliches Reisen und Flugverkehr. Als A320-Pilot kennt er alle Themen rund ums Fliegen genauso wie Themen zum nachhaltigen Reisen, die er als Projektmanager und Referent bei Liebherr und Germanwings gesammelt hat. Neben diesem inhaltlichen Know-how bringt er bei PROJECT CLIMATE seine Datenstrukturierungs- und Analysefähigkeiten sowie seine unerschöpfliche Motivation für neue Ideen für nachhaltige Mobilität ein.